Christ is Victor

                                                                                                                                                                                       Januar / Februar 2004                                                                                                    

 

 

„Er wuchs und wurde stark im Geist”

 

„Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte” (Lukas 1, 80).

 

Wenn man vom Wachstum eines Menschen spricht, geht es darum, wie groß oder muskulös jemand ist. Die Bibel spricht hier jedoch vom Wachstum im Geist. Ich beobachte immer wieder, dass Menschen geistlich schwach werden, sobald ihr Geldbeutel dicker wird. Bei Abraham, dem Vater des Glaubens, verhielt es sich nicht so. Gott segnete Abraham in materieller Hinsicht, und dennoch vernachlässigte dieser sein geistliches Leben nicht.

Ich sehe hier eine sehr große Gefahr für uns. Ein Mensch, der sich zu Jesus bekehrt hat, fragt sich: „Wie konnte ich so viel Geld für Zigaretten, Alkohol und andere Dinge ausgeben! Nachdem Gott mir jetzt ein neues Herz geschenkt hat, werde ich sorgfältig mit meinem Geld umgehen.“ Ein bekehrter Mensch geht nicht nur sorgfältig mit seinem Geld, sondern auch mit seiner Zeit um. Er gibt Gott den Zehnten seines Einkommens und wird dadurch noch reicher gesegnet. Der Platz wird zu eng für all die Segnungen, die er von Gott empfängt. Der Umgang mit Gottes Segnungen erfordert allerdings viel Übung. Wenn wir erkennen, zu welchem Dank wir Gott verpflichtet sind, werden wir sagen: „Gott hat mir so viel geschenkt, ich schulde ihm um so mehr Dankbarkeit!“

Bei Johannes dem Täufer hören wir nichts von irdischen Segnungen. Nach weltlichen Maßstäben war er ein armer Mann. Seine Nahrung und Kleidung waren sehr einfach. Er verbrachte seine gesamte Jugend in der Wüste – fast 30 Jahre lang. Er schien keine besonderen irdischen Vorzüge zu haben, aber die Bibel berichtet uns, dass er „stark im Geist“ wurde. Manchmal scheint es, dass unsere Gebete nicht erhört werden. Wir fragen uns, wohin unsere Gebete gehen. Wenn unser Gebet nur bis zur Zimmerdecke zu gehen scheint, müssen wir uns daran erinnern, dass Gott uns versprochen hat: „Rufe mich an, so will ich dir antworten und will dir kundtun große und unfassbare Dinge, von denen du nichts weißt.“ Wir dürfen uns nicht von unseren Gefühlen oder schnellen Gebetserhörungen abhängig machen, sondern müssen nach den Verheißungen Gottes leben. Diese Haltung erfordert allerdings große geistliche Kraft. Ansonsten werden wir mutlos und niedergeschlagen. Wenn wir jedoch nach den Verheißungen Gottes leben, wachsen wir im Geist.

Johannes der Täufer wuchs im Geist und kümmerte sich nicht um die Dinge dieser Welt. Er sagte nicht: „Ich muss in der Großstadt leben.“ Er murrte nie: „Ich habe dies nicht, ich habe das nicht.“ Nein, er hatte für jede Schicht der Gesellschaft eine Botschaft. Mir kommt das vor wie ein Wunder. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich für eine bestimmte gesellschaftliche Schicht nicht die richtigen Worte finde. Manche Menschen sind so beschäftigt mit weltlichen Dingen, so fleischlich gesinnt, ohne einen Gedanken an Gott zu verschwenden. Ich sage mir: „Ich habe wohl nicht die richtige Botschaft für diese Menschen.“ Das heißt, dass ich nicht wirklich stark im Geist bin. Ich hatte in unserer Gemeinschaft eine große Chance, geistlich stark zu werden. Ich war von so vielen Männern und Frauen des Glaubens umgeben und hörte Gottes Wort so oft in Predigten. Eigentlich hätte das Wort Gottes nur so aus mir heraussprudeln müssen vor all diesen unterschiedlichen Menschen.

Johannes der Täufer hatte sogar für König Herodes eine Botschaft. Er hatte keine Angst vor möglichen Konsequenzen. Wer stark im Geist ist, fürchtet sich nicht vor den Folgen, wenn er für die Gerechtigkeit einsteht. Wenn Gott uns materiell segnet, kommen wir leicht in Versuchung, dies oder jenes zu kaufen, um etwas mehr Komfort zu haben. Jede materielle Anschaffung lässt uns geistlich schwächer werden. Ich weiß nicht, wie viele Leute Gott sagen: „Herr, wegen des Fernsehers habe ich das Gebet vernachlässigt, und so ist mein Geist schwach geworden.“

Was mich anbetrifft, so bin ich bereit, alles zu verlieren. Es ist mir einerlei. Überall um mich herum sehe ich Menschen, die geistlich schwach sind. Sie füllen ihre Häuser mit immer neuen Dingen. Welche irdischen Besitztümer hatte Johannes der Täufer? Er besaß nichts, außer Gottes Wort! Es macht mich traurig, dass so viele im Glauben nachlassen. Aus unserer Mitte hätten Menschen hervorgehen sollen, die wie Sadhu Sundar Singh bereits im Himmel waren und dann wieder in ihren menschlichen Körper zurückgekehrt sind – Menschen, die große Dinge mit Gott erlebt haben. Manchmal scheint unsere geistliche Kraft zu schwinden, je mehr Verpflichtungen wir haben. Je mehr Verantwortung wir tragen, desto mehr sollten unser Gebet und unsere geistliche Kraft zunehmen. Ungeistliche und emotionale Menschen, die nur aus eigenem Antrieb Christen sind, merken, dass ihre geistliche Kraft und ihr Glaube abnehmen, sobald ihre Verantwortung wächst. Mit seelischer Kraft können wir keine geistliche Arbeit verrichten. Wenn eine christliche Arbeit wächst, entwickeln manche Menschen gute Gewohnheiten und Disziplin. Ihre Seele wird gestärkt. Sie werden jedoch nicht unbedingt vom Geist geleitet. Was nützt es ihnen, wenn sie gute Predigten halten oder anhören, jedoch keine echte geistliche Kraft haben? Johannes der Täufer wuchs und wurde stark im Geist.

Dasselbe lesen wir in Lukas 2, 40 auch von unserem Herrn Jesus Christus: „Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihm.“ Wenn ein Kind heranwächst, sprechen wir selten von seiner geistlichen Stärke. Das Kind ist vielleicht ein guter Läufer, Tennis- oder Hockeyspieler. Wer aber spricht von seinem geistlichen Wachstum? Manchmal beobachten wir, dass eine Kirche wächst, und sagen: „500 Leute gehen in diese Kirche, oder sogar 10 000! Die Kirche wächst!“ Nein, es kann sein, dass sie stirbt! Was nützen 10 000 Tote? Wie viele von ihnen sind stark im Geist? Nur das zählt!

Heutzutage möchte jeder gerne ein Stück Land besitzen. Ich habe etwas gegen Ländereien. Die Geschichte der Mission zeigt, dass überall dort, wo große Grundstücke und Gebäude im Spiel waren, die geistliche Arbeit bald zerbrach. Gebäude und Ländereien sind kein Gradmesser für geistliche Stärke. Wie reden wir mit Gott? Wie eng wandeln wir mit Gott? Wie stark sind wir im Geist, wenn wir vor Versuchungen stehen? Wie viele unserer Worte sind für andere eine Ermutigung und ein Segen? Das sind Zeichen echter geistlicher Stärke.

Tausende von Menschen hören heutzutage das Wort Gottes. Wenn wir nicht im Gebet um diese vielen Menschen ringen, können wir nicht viel für Gott erreichen. Unsere Gebete werden Nationen verändern, wenn wir uns selbst zurücknehmen und mit ganzem Herzen um Erweckung beten. Sind wir stark im Geist? Möge Gott uns in diesem neuen Jahr helfen und unsere Schritte lenken!

Joshua Daniel

Echtheitstest

 

„Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht” (Matthäus 5, 18).

 

Der Schlüssel zu neuem Leben

 

Ein Baby wurde geboren. Neues Leben ist entstanden. Sie kümmern sich um Ihr Kind, waschen und kleiden es. Sie füttern es und halten es warm. Tag für Tag stillen Sie seine Bedürfnisse, weil Sie wissen, dass es sich nicht selbst versorgen kann.

Sie wurden in das Reich Gottes hineingeboren, haben Ihr Herz Jesus Christus geöffnet und ihn in Ihr Leben aufgenommen. Sie haben ihn als Ihren Retter angenommen und gehören nun ihm. Als er kam, schenkte er Ihnen das ewige Leben. Sie leben nun ein Leben, das Sie vorher nicht kannten. „Ich gebe ihnen das ewige Leben“ (Johannes 10, 28).

Wie pflegen Sie dieses neue Leben? In geistlicher Hinsicht sind Sie ein Säugling, der die gleichen Bedürfnisse wie ein neugeborenes Kind hat:

 

  1. Nahrung

 

Ein Baby muss täglich gefüttert werden. Sie ebenfalls! Das neue Leben, das Gott Ihnen geschenkt hat, muss genährt werden. Ein Säugling braucht Milch. Die Nahrung eines geistlichen Babys ist die Milch des Wortes Gottes: „… seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil…“.

Ich habe mich im Jahr 1906 bekehrt. Seitdem habe ich jeden Tag meines Lebens – 365 Tage im Jahr – Gottes Wort gelesen. Ich kann mich an keinen Tag erinnern, an dem ich das Buch der Bücher vernachlässigt hätte. Die Bibel war in all diesen Jahren meine Speise und mein Trank. Je intensiver ich sie studierte, desto kostbarer wurde sie für mich. Es gibt kein Buch, das der Bibel gleicht. Als der Satan mich besonders hart angriff, fand ich in Gottes Wort Hilfe und Trost. Immer wieder sprach Gott durch sein Wort zu mir. Versuchungen, die für meinen Dienst das Ende hätten bedeuten können, wurden durch die Verheißungen Gottes zunichte gemacht. Wenn mich Sorgen und Tragödien niederdrücken wollten, redete Gott durch sein Wort zu mir. Inmitten der bittersten Enttäuschung hörte ich ihn sagen: „Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens ist Freude.“ Und als mein Herz von Furcht erfüllt war, hörte ich ihn sagen: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“ Und er hat sein Wort immer gehalten.

 

  1. Gemeinschaft

 

Ein Baby braucht Gemeinschaft. Es muss sich äußern und seine Bedürfnisse mitteilen können. Wenn es hungrig ist oder Schmerzen hat, schreit es. Die Mutter reagiert dann sofort. Auch Sie brauchen Gemeinschaft. Wenn Sie wirklich von neuem geboren sind, verspüren Sie ein Schreien in Ihrem Herzen. Dieses Schreien nennen wir Gebet. Ich bitte Sie inständig, jeden Tag Ihres Lebens alleine Zeit mit Gott im Gebet zu verbringen. Sagen Sie ihm alles. Verstecken Sie nichts vor ihm. Sprechen Sie mit ihm wie mit einem Freund. Wenn Sie die Bibel lesen, spricht Gott zu Ihnen. Wenn Sie beten, reden Sie mit ihm und haben mit ihm Gemeinschaft. Sie lernen Gott besser kennen, genauso wie Sie einen Freund kennen lernen. Sie reden mit Gott, und Gott redet mit Ihnen. Und während Sie miteinander reden, lernen Sie sich kennen. Reden Sie also viel mit Gott im Gebet.

 

  1. Bewegung

 

Ein kleines Baby braucht Bewegung. Es streckt seine Ärmchen und Beinchen aus, um sie zu bewegen. Auch Sie brauchen Bewegung, wenn Sie stark werden wollen. Indem Sie Christus bezeugen, bleiben Sie in Bewegung. Erzählen Sie anderen von ihm. Übernehmen Sie eine Aufgabe. Bekennen Sie Christus öffentlich. Geben Sie Zeugnis von ihm, dann werden Sie stark. Ansonsten könnten Sie leicht rückfällig werden. Werden Sie ohne Zögern aktiv für Christus aus Dankbarkeit für das, was er für Sie getan hat.

Sie sollten mindestens genauso stolz auf Ihren Herrn und Heiland sein wie auf Ihr Land oder Ihren König. Auf dem Gefechtsfeld würden Sie sich auch nicht schämen, Flagge zu zeigen. Im Gegenteil – Sie wären begierig, Ihre Landesflagge zu hissen und unter dieser Flagge zu marschieren. Warum zögern Sie dann, das Banner für den König Jesus zu erheben? Auf diese Weise zeigen Sie der Welt, auf welcher Seite Sie stehen. Sicher möchten Sie nicht, dass er sich Ihrer schämt, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Engel! Dann dürfen Sie sich seiner jetzt auch nicht schämen. Gott sagt: „Wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet.“

Nichts stärkt einen gläubigen Christen mehr als sein offenes Bekenntnis! Wenn Sie geistlich wachsen wollen, dann bekennen Sie Christus in aller Offenheit! Der Satan stört sich nicht an stummen Christen, aber er kämpft besonders eifrig gegen diejenigen, die öffentlich bekennen, dass sie Christus nachfolgen. Aber allein schon durch unser Bekenntnis werden Satans Attacken zunichte gemacht.

Wenn Sie einen Menschen lieben, reden Sie von ihm. Jedenfalls tun das die meisten. Wenn Sie den Herrn Jesus Christus ernsthaft lieben, dann haben Sie das Verlangen, über ihn zu sprechen.

Christus bezeugen ist das beste Gegenmittel gegen Freundschaft mit der Welt. Sie müssen Ihre weltlichen Freunde niemals aufgeben. Erzählen Sie ihnen einfach von Jesus. Bitten Sie sie, sich niederzuknien, während Sie für sie beten. Geben Sie Ihren Freunden ein christliches Traktat und laden Sie sie zu einem evangelistischen Gottesdienst ein. Probieren Sie es aus! Wissen Sie, was passieren wird? Man wird Sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Sie werden nicht mehr erwünscht sein. Und dann werden Sie neue Freunde und Gefährten finden – Christen, die das Gleiche lieben und wollen wie Sie. Und diese Christen werden auf immer und ewig Ihre Freunde bleiben. Nicht einmal der Tod kann solche Freundschaften zerstören.


Wir wollen ehrlich vor Gott sein und Christus offen vor den Menschen bekennen. Der Lohn dafür ist, dass Gott sich über uns freut und zu uns steht.

Auszug

 

Adlerflügel

 

In Jesaja 40 lesen wir, dass wir auffahren mit Flügeln wie Adler, wenn wir auf den HERRN harren. Adler sind majestätische Vögel mit einem bemerkenswerten Sehvermögen. Wissenschaftler glauben, dass sie achtmal schärfer sehen können als Menschen. Sie haben kräftige Klauen und Krallen, die wie ein Schraubstock greifen können. Mit ihrem messerartigen Schnabel können sie ihre Nahrung schneiden, zermalmen und in Stücke reißen.

Adler sind jedoch in erster Linie gute Flieger. Sie erreichen unglaubliche Geschwindigkeiten – zwischen 100 und 160 Stundenkilometer. Ihre Flügel haben eine Spannweite von fast 2,5 Metern.

Adler fliegen nicht wie Spatzen oder Rotkehlchen. Die meisten Vögel fliegen, indem sie mit den Flügeln schlagen. Adler hingegen können nicht sehr lange mit den Flügeln schlagen. Sie sind so geformt, dass sie in großer Höhe schweben und mit wenig Energie sehr viel weiter fliegen können.

Gott schuf unseren Planeten mit unsichtbaren Säulen aus warmer Luft – so genannte warme Luftströme, die sich an verschiedenen Stellen von der Erdoberfläche nach oben bewegen. Adler finden diese Stellen, fliegen in die unsichtbaren Luftströme hinein, breiten ihre Flügel aus und werden wie in einem Fahrstuhl immer höher emporgehoben.

Sie können bis zu 4000 Meter hoch steigen – so hoch, dass man sie mit bloßem Auge von der Erde aus nicht mehr sehen kann.

Wenn ein Adler diese Höhe erreicht, gleitet er mit ausgebreiteten Flügeln aus dem Aufwind hervor, schwebt hierhin und dorthin – hinunter und seitwärts – und fliegt mit geringer Anstrengung kilometerweit.

Jesaja will uns wohl sagen, dass Gott wie die unsichtbaren emporhebenden warmen Luftströme unseres Planeten für sein Volk da ist, auch wenn man ihn nicht sehen kann. Wenn wir ihn suchen, seine Verheißungen für uns in Anspruch nehmen und ihm mit ausgebreiteten Flügeln des Glaubens vertrauen, werden wir auf eine höhere Ebene emporgehoben. Wir fahren auf mit Flügeln wie Adler. Wir laufen und werden nicht matt. Wir wandeln und werden nicht müde.

Die Kraft, die wir für ein heiliges, erfülltes und siegreiches Leben benötigen, bekommen wir nicht, wenn wir wie aufgescheuchte Spatzen wild mit unseren Flügeln schlagen, sondern dadurch, dass wir auf Gott vertrauen und in Jesus Christus ruhen.

Auszug

 

Der Bandit und die Bibel

 

Ein Hausierer zog müde seines Weges. Die Sonne ging gerade unter. Den ganzen Tag war er in der sizilianischen Stadt, die jetzt über 15 Kilometer hinter ihm lag, mit seinen Waren von Tür zu Tür gelaufen, und er hatte immer noch einen weiten Weg vor sich, um eine Bleibe für die Nacht zu finden.

Plötzlich hörte er ein Pferd herangaloppieren. Als er sich umdrehte, erblickte er den Reiter – einen finster dreinblickenden Mann mit einem schwarzen Bart, einem breiten Hut und einem großen schwarzen Mantel.

Als der Mann das Pferd anhielt, rief der Hausierer auf Italienisch: „Guten Abend, mein Herr!“ Er hielt es für das Beste, höflich und nett zu sein zu jemandem, der so grimmig aussah wie dieser Mann.

Der Reiter stieg vom Pferd.

„Was hast Du in diesem Beutel?“

„Bücher, mein Herr.“

„Endlich habe ich dich gefunden! Du verkaufst diese Bücher, um die Sitten des einfachen Volkes zu verderben. Ich werde jetzt zuerst Deine Bücher verbrennen und Dich dann erschießen. Stell Deinen Beutel hierhin und sammle Holz für ein Feuer!“ Er schüttelte den Hausierer. Dieser merkte, dass er es mit einem Banditen zu tun hatte und tat, wie ihm geheißen wurde. Als das Feuer brannte, war bereits die Nacht hereingebrochen.

„Mein Herr, bevor Sie meine Bücher verbrennen und mich erschießen, erlauben Sie mir, Ihnen etwas daraus vorzulesen?“

„Genehmigt“, antwortete der Bandit und setzte sich ans Feuer.

Der Hausierer las einen Abschnitt aus dem Lukasevangelium vor: „Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber.“

Das war sehr gewagt, aber der Bandit hörte sich die Geschichte vom barmherzigen Samariter an. „Ich mag diese Geschichte“, sagte der Bandit. „Dieses Buch werden wir nicht verbrennen!“

Der Hausierer nahm ein Matthäusevangelium und las aus der Bergpredigt vor.

„An diesem Buch ist nichts Schlechtes; wir werden es nicht verbrennen!“

Jetzt öffnete der Hausierer ein Neues Testament und las aus dem Brief des Paulus an die Korinther über die christliche Liebe vor.

„Wie schön und wahr! Dieses Buch müssen wir aufheben. Lies noch aus einem anderen vor!“

So wurde ein Buch nach dem andern, aus dem der Hausierer vorlas, zu den Büchern gelegt, die nicht verbrannt werden sollten.

„Ich habe kein Buch mehr, mein Herr.“

„Unsinn! Wo sind die bösen Bücher?“

„Ich habe keine, mein Herr.“

Verblüfft galoppierte der Bandit davon.

Müde schleppte sich der Hausierer zur nächsten Dorfschenke und dankte Gott, dass er wieder einmal entkommen konnte.

Am nächsten Morgen gesellte sich der Hausierer zu einer Gruppe Menschen, die auf dem Marktplatz bei einem Esel stand.

„Kann ich Euch etwas vom Herrn Jesus Christus vorlesen?“, fragte er.

„Aber gern“, lautete die Antwort.

Dann las der Hausierer vor, wie Jesus zwei seiner Jünger losschickte, um einen Esel zu holen.

„Wie viel kostet dieses Buch?“, rief einer der Männer.

„Einen halben Penny“, antwortete der Hausierer.

„Vorsicht, die Bücher sind böse!“, schrie jemand aus der Menge. Es entstand ein Tumult, und bald hatte sich auf dem Marktplatz eine wütende Menschenmenge angesammelt.

„Steinigt den Ketzer!“

„Tod dem Gotteslästerer!“

Als die Lage sehr ernst wurde, ritt plötzlich ein Mann in schnellem Tempo auf den Marktplatz – mit finsterem Blick und einem schwarzen Bart.

„Lasst den Mann in Ruhe!“, rief er.

Jeder kannte den Banditen und fürchtete sich vor ihm.

„Aber Herr!“, schrie jemand. „Er verkauft böse Bücher und muss bestraft werden!“

Der Bandit saß ruhig auf seinem Pferd und erzählte, was er letzte Nacht erlebt hatte.

„Es sind gute Bücher“, sagte er schließlich.

Die Jahre vergingen. Eines Tages erhielt der Hausierer einen Brief aus Amerika. Erstaunt öffnete er ihn und las. Während er las, staunte er. Der Brief stammte von dem Banditen! Dieser schrieb ihm, wie sich sein Leben nach jener Nacht verändert hatte, als ihm der Hausierer am Feuer aus Gottes Wort vorgelesen hatte. Die fälschlicherweise als „böse“ bezeichneten Bücher hatten ihm die Erlösung gebracht.

Auszug