Der Schokoladensoldat

 

 

 

Es gibt ein Wort, das eine bestimmte fromme Haltung sehr genau beschreibt, weswegen ich mich immer wieder damit beschäftige: das Wort “Schokoladensoldat”.

   

Der große englische Kricketspieler, Pionier und Missionar C.T. Studd gebrauchte dieses Wort häufig, um das Verhalten mancher Christen zu kommentieren. Er, der aus wohlhabendem Hause stammte, der die besten Schulen besucht, an der Universität Cambridge studiert und sportliche Lorbeeren errungen hatte, der Jesus nachgefolgt und als Missionar nach China, Indien und zuletzt nach Belgisch-Kongo (dem heutigen Zaire) gegangen war – dieser Mann konnte mit vollem Recht ein solches Wort gebrauchen, weil er selbst genau das Gegenteil eines Schokoladensoldaten war: Er legte keinerlei Wert auf ein bequemes Leben und gab nichts auf das, was ihm die Welt an Ansehen und Ehre bot; er wurde vielmehr ein großes Beispiel dafür, daß die Schwierigkeiten, die Opfer und die Kämpfe, die ein Jünger Jesu durchzustehen hat, viel packender und aufregender sind und weit mehr Erfüllung schenken als alle Dinge dieser Welt.

     Das Neue Testament bezeichnet den Nachfolger Jesu immer wieder als einen Soldaten, der in einer großen Schlacht steht. Ein Christ kämpft gegen die Ungerechtigkeit, die Lüge, die Unmoral und die Kompromisse in moralischen Fragen, die ganze Völker kaputtmachen. In einem solchen Kampf kann ein Schokoladensoldat nichts ausrichten. Dennoch findet man heute überall verweichlichte Christen, denen der Kampfgeist völlig abgeht.

 

Vor kurzem sollte ich zu leitenden Sekretären und Mitarbeitern eines grossen CVJM sprechen. Wenige Minuten vor meiner Predigt beugte sich der Pastor, der die Versammlung leitete, zu mir herüber und bedeutete mir, daß auch Nichtchristen anwesend seien, denen man das Wort Gottes nicht in allzu direkter Weise geben dürfe, um nicht ihr Mißfallen zu erregen. Mit Nachdruck und nach sorgfältigem Abwägen meiner Worte stellte ich daraufhin klar, daß es das Wort “Kompromiß” in der Bibel nicht gibt. Nichtchristen achten uns viel höher, wenn wir die Wahrheit in Christus offen und direkt weitersagen.

 

Und genau so sprach ich dann zu der Versammlung; die Botschaft kam mir aus dem Herzen, und die Menschen hörten aufmerksam und voll Interesse zu. Keiner von ihnen konnte mir zu Recht vorwerfen, daß ich übertrieb, wenn ich die schlichte Tatsache feststellte, daß das betreffende Land verzweifelt notwendig die Frohe Botschaft, die Befreiung von der Sünde und die Gerechtigkeit durch Jesus Christus braucht.

 

Schokoladensoldat  -  NEIN DANKE !

 

Die saft-und kraftlosen Christen von heute helfen keinem, und ein Schokoladensoldat läuft vor jeder lohnenden Herausforderung und Gelegenheit, Jesu Macht zu demonstrieren, mit fliegenden Fahnen davon.

 

In einem englischen Lied heißt es:

 

“Ich wage es nicht zu unterliegen, wenn ich Golgatha vor mir sehe, wo Jesus den Satan besiegte und mich von meinem alten Ich befreite. Komm, Herr, gib mir Sieg und stärke mich für den Kampf; mach mich zum Überwinder durch Deine ewige Kraft.”

 

In der Bibel steht:

 

“Ziehet an die Waffenrüstung Gottes … auf daß ihr … alles wohl ausrichten und das Feld behalten möget.” (Eph. 6, 11, 13)

 

 

Ein Feigling läuft davon, aber der wirklich bekehrte Christ behält das Feld; er hält Stand inmitten von Verfolgung, Prüfung, Kummer, Entbehrung und selbst Hunger. Wo alle seine Feinde erschöpft und zermürbt von ihren vergeblichen Versuchen, ihn zu Fall zu bringen, ihre Angriffe einstellen und geschlagen abziehen, behält der christliche Soldat unerschüttert und treu das Feld. Ein einziger solcher Soldat kann tausend andere besiegen.

 

Viele Menschen quälen sich heute mit Zweifeln und mit der Frage, ob sie sich nicht bewußt selbst betrügen, wenn sie festhalten an  wie ihnen vorgehalten wird – “veralteten Traditionen, Aberglauben und mythologischen Gestalten, deren Lehren in unserer modernen Welt sowieso keinerlei Bedeutung mehr haben”.

Der Soldat Jesu Christi jedoch ist in jeder Hinsicht so stark und überlegt, daß die Sklaven des Teufels im allgemeinen so schnell wie möglich vor ihm davonlaufen, weil sie eine Niederlage fürchten.

                   “Fünf von euch sollen hundert jagen, und hundert von euch

                    sollen zehntausend jagen.” (3.Mose 26, 8)

 

Unter der Predigt meines verstorbenen Vaters brach Erweckung aus. In vielen Gemeinden und Missionseinrichtungen wie Krankenhäusern bekannten die Menschen ihre Sünden und brachten Dinge in Ordnung. Betrügereien in der Buchführung, und das “Mitlaufenlassen” von Medikamenten kamen ebenso ans Licht wie offene Unmoral und raffiniert verheimlichter Ehebruch. Das wiederum  versetzte diejenigen Menschen in Angst und Schrecken, die es sich zur Gewohnheit gemacht hatten, die Missionsleitung unter dem Deckmantel vorgetäuschter christlicher Frömmigkeit zu betrügen. Manche dieser Missionsangestellten nahmen unter irgend einem Vorwand Urlaub oder ließen sogar ihre Stationen einfach im Stich, wenn sie erfuhren, daß mein Vater in ihre Stadt kommen würde und man von ihnen erwartete, daß sie die Versammlungen besuchten. Sie wußten ganz genau, daß unter dem Wirken des Heiligen Geistes alle ihre schlau versteckten Sünden aufgedeckt würden. So liefen sie lieber davon – aus Furcht vor der Schande und auch weil sie befürchteten, von der Kraft Gottes zu Boden gezwungen zu werden. In einer Gemeinde, deren Leben seit langem vergiftet war von Streit, kleinlichen Zänkereien und offener Sünde, drohten einige gottlose Männer sogar damit, meinen Vater zu erschießen. Mein Vater jedoch war kein Schokoladensoldat. Die Drohungen dieser Männer machten auf ihn ebensowenig Eindruck wie andere Attacken und Aktionen. In einem Ort organisierte ein Kommunist einmal Leute, die die Versammlungen durch Steinwürfe stören sollten.

 

Mein Vater warnte den Drahtzieher der Störungen und wies ihn darauf hin, daß seine Sünde in kürzerster Zeit und schrecklich auf ihn zurückfallen würde, wenn er sich nicht öffentlich dafür entschuldigte.

Wenn der Heilige Geist am Wirken ist, so ist das nicht der Ort für Possen, ebensowenig für das Verbergen von Sünde. Das zeigt uns die Geschichte von Ananias und Saphira in Apostelgeschichte 5 sehr deutlich. Der Mann, der hinter den Störversuchen steckte, kam natürlich nicht und entschuldigte sich auch nicht. Ein paar Tage später starb er völlig unerwartet.

Niemand hatte ihn verflucht, aber mit Gott zu spielen ist lebensgefährlicher als die Hochspannung eines Kugelblitzes.

 

Wir brauchen Menschen, die geistlich stark und fest sind wie Metall; Schokoladensoldaten, und seien es noch so viele, nützen gar nichts.

 

William Carey, der einfache englische Flickschuster, war ein solcher Mann. Er war erfüllt von einer großen missionarischen Liebe und einem Weitblick für das Werk Gottes in Indien. Er fuhr in dieses Land, in dem die Ostindische Handelsgesellschaft auf ihrem Gebiet keine Missionsarbeit erlaubte. Carey mußte sich damit ebenso auseinandersetzen wie mit der Armut und der Not.  50 Jahre lang arbeitete er unter großen Entbehrungen ohne einen einzigen Tag Urlaub. Dieser Mann war wirklich kein Schokoladensoldat ! Gott gebrauchte ihn in der gewaltigen Aufgabe, die Bibel in 32 Sprachen zu übersetzen.

 

Schokoladensoldaten jammern und murren ständig, oder sie haben Ausreden. Wenn jemand immer irgendwelche Gründe findet, warum er lebenswichtige Ziele nicht erreicht, dann kann man diesen Menschen kaum wirklich einen Christen nennen – er ist eben nur ein Schokoladensoldat.

 

In vielen christlichen Kirchen sind solche Schokoladensoldaten heute in der Überzahl. Sie sitzen Sonntag für Sonntag auf der Kirchenbank und tun während der ganzen Woche nichts, um das Reich Gottes zu bauen. An Wochentagen erkennt man sie kaum wieder. Sie scheinen zu denken, daß sie Christen sind, weil sie am Sonntagmorgen schöne Kleider anziehen. Wenn sie ihre Sonntagskleidung wieder ausgezogen haben, fluchen sie wie alle anderen, sie schauen sich im Fernsehen bedenkenlos jeden Schmutz und Schund an, sie trinken, rauchen und vergeuden Zeit und Geld durch endloses Tee- und Kaffeetrinken. Auf solche Menschen kann man im Kampf nicht zählen.

 

Wenn im Sommer die Temperaturen klettern, klagt der Schokoladensoldat, daß es zu heiß sei, um in die Kirche oder in die Gebetsversammlung zu gehen. Wie Schokolade schmilzt er in der Hitze dahin. Es wird ihm körperlich zu viel, oder die Versuchung ist zu groß. Man kann überhaupt nicht mit ihm rechnen, wenn es gilt zu kämpfen. Er geht lieber in die Sommerfrische und möchte dort nicht durch unbequeme Predigten gestört werden, die seinen harten Panzer aus Gleichgültigkeit, Heuchelei und frommer Fassade durchdringen könnten.

 

Der Schokoladensoldat verwendet eine sehr fromme Sprache. Wenn man ihn reden hört und vernimmt, was er auf lange Sicht hin alles tun will, könnte man fast meinen, er sei wirklich bekehrt. Jetzt im Augenblick opfert er zwar nichts für Jesus, aber er erzählt von großen Plänen, die er in Zukunft – in der Mission zum Beispiel – verwirklichen möchte. Allerdings hat er auch gute Gründe, Gott selbst noch den Zehnten vorzuenthalten: er hat ja so viele Verpflichtungen, die Abzahlungen für das Haus und die Möbel …

 

Falls nun General von Schokoladenkrem nach langer Zeit tatsächlich sein Versprechen einlöst und als Missionar hinausgeht, steht er kaum die erste Zeit durch. Zu Hause gibt es so dringende und unaufschiebbare Probleme zu lösen – und kaum hat der Kampf angefangen, ist die Entscheidung des großen Schokoladenkämpfers schon gefallen für den leichten Weg, für ein komfortables Haus und ein schönes Büro daheim in der Missionsverwaltung.

 

Unser ruhmbedeckter Schokoladensoldat hält die klaren Anweisungen des Wortes Gottes für nicht so verbindlich; so kümmert er sich auch nicht viel um diese

Stelle aus 2. Tim. 2, 4:

“Kein Kriegsmann verstrickt sich in Sorgen des alltäglichen Lebens, auf daß er gefalle dem, der ihn geworben hat.”

 

Wenn es jedoch darum geht, seinen halbherzigen Einsatz für die Ausbreitung des Evangeliums zu entschuldigen, ist er sofort bei der Hand mit zahlreichen Beispielen von anderen Schokoladensoldaten, die genau so handelten wie er.

 

Ein wieteres kennzeichnendes Merkmal des Schokoladensoldaten ist, daß er bevorzugt seinem eigenen Willen folgt und jeden haßt, der es wagt zu fragen, ob er damit auch in Gottes Willen ist. Er dient in erster Linie seinem Ich, und sein eigentlicher Gott ist sein eigenes Wohlbehagen. So sieht er alles, was dem Fleisch angenehm ist, als Gottes Willen an. Er stürzt sich in die Ehe, weil er im Kampf eine Gefährtin braucht, wie er lautstark erklärt.

 

Wenn dann die Hitze des Kampfes zunimmt und die Probleme in der Familie größer werden, dann schmelzen seine großartigen Pläne ebenso schnell dahin wie seine Waffenrüstung, und der Schokoladensoldat fängt sogar an, eine Scheidung als eine solide und vernünftige Möglichkeit zu sehen, um von seiner Frau wegzukommen, die ja einen so schädlichen Einfluß auf ihn hat. Er vergißt geflissentlich, daß er vor seiner überstürzten Heirat dem Mädchen ewige Liebe schwor und ihr unzählige Erklärungen abgab, deren Inhalt keinen Zweifel daran ließen, daß seine Welt völlig zusammenbrechen würde, falls sie ihn nicht heiratete.

 

Der Schokoladensoldat haßt das Wort “Selbstverleugnung”. Es wäre etwas ganz Schreckliches für ihn, wenn er das Fernsehen oder das stundenlange Zeitunglesen aufgeben müßte, um stattdessen zu beten und Gott um die geistliche Kraft und Zurüstung zu bitten, die er so bitter notwendig braucht. Undenkbar ist für ihn auch, daß er ein oder zwei Stunden Schlaf verliert, um zu fasten und zu beten.

 

Wenn er, um sein Gesicht zu wahren, sich einem Gebetskreis anschließt, hat er immer größte Schwierigkeiten, nicht einzuschlafen. Wäre er daheim geblieben, so wäre er ganz sicher bedeutend weniger schläfrig gewesen; er hätte noch im Haus herumgewerkelt oder Freunde eingeladen und sie mit faden Witzen unterhalten.

 

Ein weiterer Punkt ist, daß unser Schokoladensoldat einfach dem Drang nicht widerstehen kann, völlig unnötige Dinge zu kaufen. Die Fernsehreklame vor allem spricht ihn im tiefsten Herzen an. Er muß kaufen, selbst wenn er das Geld dazu nicht hat, weil das angepriesene Produkt ja so gut und möglicherweise schon bald ausverkauft ist.

 

So häufen sich die unbezahlten Rechnungen bei unserem Schokoladensoldaten. Er muß schließlich auch seinen Pflichten als Gastgeber gebührend nachkommen, und außerdem hat er das dringende Bedürfnis, seinen Nachbarn in nichts nachzustehen. Die Folge ist, daß er und seine Frau um Beruf hart arbeiten und sogar noch Nebentätigkeiten annehmen müssen, um Geld zu verdienen. Die Kinder werden dann eben etwas vernachlässigt.

 

Unser Schokoladensoldat will unbedingt ein Amt in der Kirche haben. Es gefällt ihm, im Vorstand zu sitzen oder bei der Organisation wenigstens des kirchlichen Kegelvereins mitzuwirken. Dort findet er Gleichgesinnte und fühlt sich wohl. Am Sonntagabend ist er dann zu müde, um von seinem Klubsessel aufzustehen und in den spärlich besuchten Abendgottesdienst zu gehen. Von seinen Freunden geht nämlich auch keiner hin.

 

Man kann auch den Eindruck bekommen, daß der Schokoladensoldat begeistert ist von der Arbeit der Mission; sollte jedoch jemand auf den Gedanken kommen und ihn vorschlagen, wenn Hilfe bei einer besonderen Aufgabe gebraucht wird, zu der er die notwendigen Spezialkenntnisse hätte – dann wird er sofort feststellen, daß er unmöglich einspringen könne, weil er nämlich die Hitze in den Tropen nicht vertrage. Temperaturen über 25 Grad Celcius brächten ihn an den Rand des Fiebertodes. Wenn er dann schließlich doch hinausgeht, weil er sich nach einem gefühlsbetonten Aufruf nicht zurückhalten konnte und sich verpflichtete, so wird er – wie bereits erwähnt – höchstens die erste Zeit als Missionar draußen bleiben.

 

Ein Lebensstandard, in dem viele Luxusartikel und Genußmittel unentbehrlich zu sein scheinen, ist dem Schokoladensoldaten wichtiger als alles andere. Er hat ganz vergessen, daß das Leben in Jesus so einfach und klar ist wie Seine Lehre:

Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit. Sammelt euch Schätze im Himmel, sammelt euch nicht Schätze auf Erden.

 

Der Schokoladensoldat jedoch meint, daß diese Lehre Unmögliches von ihm fordert und nicht zu verwirklichen ist. Eine Predigt, die das Besitzdenken in Frage stellt oder die Unterscheidung in arme und reiche Gesellschaftsklassen anprangert, ist ihm völlig widerwärtig.

 

Lieber Leser, vielleicht haben Sie sich an einer Stelle des Porträts, das ich für Sie skizzierte, wiedererkannt. Die eine oder andere Ihrer Eigenschaften wurde vielleicht beschrieben – Sie möchten aber kein Schokoladensoldat sein. Ich kann hier nicht eingreifen, denn ich habe kein Recht, die Maßstäbe zu ändern, die Jesus uns gibt. Es ist das Sicherste und Beste für Sie, wenn Sie unverzüglich Buße tun über diesen tief in der Seele sitzenden Gewohnheiten, die Ihnen die Kraft nehmen und Sie für das Reich Gottes unbrauchbar machen. Wenn Sie die Sünden abtun, die Ihnen der Heilige Geist zeigt, dann werden Sie ein wahrer Soldat des Herrn Jesus und ein Segen für viele Menschen.

                                                                                                                      

                                                                                                                    (Joshua Daniel)